Diese Geschichte habe ich aus der SZ vom 02.03.2013 abgeschrieben!
Ein Streiflicht zum Schmunzeln
(SZ) Pessimismus giltin der heutigenWelt,wo Selbstoptimierung und positives Denken zu den ersten Bürgerpflichten zählen, als Krankheit, wegen der man schleunigst einen Arzt oder, besser noch, einen
Mental-Fitness-Coach konsultieren sollte. In der Regel wird der Pessimist als weltfremder Trottel betrachtet, der sein Geld zur Sparkasse trägt, anstatt es wie der kluge Optimist in hochspekulative Papiere anzulegen.
Platzt die Finanzblase, blickt derOptimist immer noch zuversichtlich in die Zukunft, auf einen Rettungsschirm vertrauend, den dann der Pessimist bezahlt. Schon dieses Beispiel zeigt, dass der Pessimist zu Recht
für sich schwarz sieht.
Jetzt aber sind Forscher der Universität Erlangen-Nürnbergmit einer Langzeitstudie herausgekommen, die diese schöne Ordnung der Dinge über den Haufen wirft. Verkürzt auf dasWesentliche, lautet
ihr Ergebnis: Pessimisten leben länger. Es lässt sich denken, wie der Pessimist von Geblüt diese Nachricht kommentiert: auch das noch! Bisher galt es ja als ausgemacht, dass der Tod immer erst die Schwarzseher aufsucht,
weil diese ihm bereitwillig folgen, oft in der Erwartung, dass es andernfalls noch schlimmer kommt. Der Optimist hin gegen sah sich auf der sicheren Seite. Der Tod, versicherte ihm die Stimme seines sonnigen Gemüts,
trifft stets die anderen. Mit dieser Überzeugung sind die Optimisten jahrhundertelang gut gefahren, und wenn einer von ihnenin einen tausendMeter tiefen Abgrund stürzte, dachte er noch auf halber Strecke: so weit, so gut!
So locker, soleichtist das Lebenin der besten aller möglichen Welten, die der Philosoph Leibniz eigens für die Optimisten erfunden hat. Übrigens buk Leibniz nebenher Kekse, was ihn weitaus sympathischer macht als den
Kollegen Schopenhauer, den miesepetrigen Hausgott der Pessimisten, der nur mit seinem Pudel Gassi ging.
Und jetzt? Wie soll es weitergehen nach der alles auf den Kopf stellenden Studie der fränkischen Forscher? Okay,
die Optimisten sind fein raus: Für sie geht es gar nicht weiter, sie haben keine Zukunft oder nureine kurze. DenÄrger hat allein der Pessimist, der nun irgendwie zurechtkommen muss mit der geschenkten Zeit. Um nicht ganz
auf den Hund zu kommen, kauft er sich fürs Erste einen Pudel. Der Rest ist schwieriger, denn nach Lage der Dinge befindet er sichin einer Zwickmühle. Als ewiger Skeptiker muss er die Studie für Unfug halten, zumal sie
ihm Gutes verheißt. Folglich bleibt es dabei: Das Leben ist kurz und endet schrecklich. Was aber, wenn er der günstigen Prognose vertraut? Immerhin sind die Erlanger Wissenschaftler über jeden Zweifel erhaben, da kann
sogarein Pessimist schwankend werden. Doch wehe, er fällt um! Wehe, er verkündet jubelnd: Hurra, ichlebelänger! Augenblicklichist er damit Optimist und früher tot. Man kann es drehen und wenden, wieman will: Der Pessimist
hat immer schlechte Aussichten.
Hört liebe Leute, lasst mich Optimist bleiben, denn er lebt einfach glücklicher!