Sie drehen beim Einparken das Radio leiser? Aus gutem Grund, wie Studien zeigen


Parklücke entdecken, abbremsen, Blinker setzen und Rückwärtsgang einlegen. Und: Radio leiser stellen. Wenn es Ihnen wie den meisten geht, passt Einparken und laute Musik einfach nicht zusammen. Aber wieso ist das so?

Es lohnt eine genauere Analyse des Parkvorgänges. Während beim normalen Fahren lediglich der Verkehr im Auge behalten werden muss, muss bei der Parkplatzsuche zusätzlich der Straßenrand nach einer Parklücke abgesucht werden. Beim Einparken selbst werden hohe Anforderungen an das räumliche Denken und die Koordination verschiedener Bewegungsabläufe gestellt, durch das Rückwärtsfahren sind alle Anforderungen noch einmal schwieriger.

Multitasking

Leider haben sich Wissenschaftler noch in keiner Studie speziell diesem spannenden Phänomen angenommen. Antworten versprechen indes Forschungen zu unseren Multitasking−Fähigkeiten. Unter Multitasking wird die Fähigkeit verstanden, die Aufmerksamkeit zwischen verschiedenen Aufgaben zu teilen.

Die Vielzahl technischer Gegenstände wie Smartphones, Fernseher, Tablets und Computer buhlen zu jedem Zeitpunkt um unsere Aufmerksamkeit, weswegen der MultitaskingM−Forschung heute eine große Bedeutung zukommt. Können wir also unsere Aufmerksamkeit so einfach zwischen verschiedenen Anforderungen aufteilen, sei es die Teilung zwischen Telefonieren und E-Mail-Schreiben oder die Teilung zwischen Einparken und Musikhören?


Multitasking mit tödlichen Folgen

Bei der Frage, wie gut wir unsere Aufmerksamkeit teilen können, geht es auch um Leben und Tod. Eine Analyse ergab, dass in den USA 28% aller tödlichen Autounfälle auf Telefonieren am Steuer zurückzuführen sind.

Offensichtlich geht die Teilung der Aufmerksamkeit zu Lasten der Leistung bei den einzelnen Aufgaben. Doch wie stark ist der Effekt von Multitasking auf die Fahrleistung tatsächlich? Dieser Frage gingen die Wissenschaftler David Strayer und Jason Watson in einer Studie in London nach.



Autofahren, zuhören und rechnen

In der Studie ließen die Wissenschaftler Studienteilnehmer zunächst in einem Fahrsimulator Auto fahren. Dabei wurde erfasst, wie sicher die Studienteilnehmer fuhren, beispielsweise anhand der Geschwindigkeit und des Abstands zum Vordermann. Nach der Eingewöhnungsphase begann das eigentliche Multitasking.

Studienteilnehmer erhielten über ein Mobiltelefon Wörter präsentiert, die sie sich merken sollten. Zwischen der Darbietung der Wörter sollten Studienteilnehmer in unregelmäßigen Abständen zusätzlich noch Matheaufgaben lösen. Für sich genommen war jede dieser Aufgaben sehr einfach zu bewerkstelligen. Doch wie würden sich die Studienteilnehmer schlagen, wenn ihnen alle drei Aufgaben (fahren, merken, rechnen) gleichzeitig abverlangt werden?


Rapider Leistungsabfall

Gehirntraining für sicheres Autofahren

Zum Glück haben wir selbst in der Hand, wie sicher wir uns im Straßenverkehr bewegen. Natürlich ist das beste Gegenmittel, die Finger vom Smartphone, der Chipstäte oder der Zigarette zu lassen − alles was zusätzlich unsere Aufmerksamkeit benötigt, erhöht die Unfallwahrscheinlichkeit.

Doch auch Gehirntraining kann auf unterschiedliche Art und Weise einen Beitrag zur Fahrsicherheit leisten. Zum einen dadurch, dass die Fähigkeit zum sogenannten Task-Switching trainiert werden kann. Unter Task-Switching versteht man das abwechselnde Bearbeiten unterschiedlicher Aufgaben, ähnlich wie es beim Autofahren abverlangt wird.

So könnte in einer gemeinsamen Studie der FU Berlin und NeuroNation gezeigt werden, dass durch regelmäßiges Training, die Fähigkeit zu Task-Switching gesteigert werden könnte. Zum anderen hilft Gehirntraining Informationen, die sich am Rande des Sichtfeldes (d.h. in den Augenwinkeln) befinden, besser zu verarbeiten. Diese Fähigkeit lässt typischerweise im Alter nach und kann durch NeuroNation−Übungen wir Ultrakurzzeitmerker und Rhythmusmeister trainiert werden.

Doch wieso stellen wir das Radio leiser?

Um nun endlich die eingangs gestellte Frage zu beantworten: Vermutlich drehen wir das Radio beim Einparken herunter, da wir intuitiv merken, dass es unsere Konzentrationsfähigkeit übersteigt, gleichzeitig mit lauter Musik beschallt zu werden und im Rückwärtsgang den Weg in eine enge Parklücke zu finden.